Das geltende liechtensteinische Arbeitsvertragsrecht bestimmt die Rechte und Pflichten des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers betreffend Arbeitsleistung, Lohn, Gleichbehandlung der Geschlechter, Urlaub, Freizeit, Personalvorsorge, Versicherung, Schutzvorrichtungen, Kündigung und anderem mehr. Es dient dem Schutz der Arbeitnehmer. Von diesen zwingenden Mindestvorschriften, wie beispielsweise den Arbeits- und Ruhezeiten, darf nur zugunsten der Arbeitnehmer abgewichen werden. Innerhalb dieser Vorschriften kann der Einzelarbeitsvertrag zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer entstehen. 

Der Einzelarbeitsvertrag

Ein Arbeitsvertrag kann schriftlich oder mündlich zustande kommen. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag ist jedoch in jedem Fall dringend zu empfehlen. Kommt der Vertrag nur mündlich zustande, ist der Arbeitgeber unter Umständen verpflichtet, dem Arbeitnehmer ein Schriftstück auszuhändigen, in dem die wichtigsten Arbeitsbedingungen festgehalten sind. Dieses Schriftstück beinhaltet: 

  • die Personalien, Sitz oder Wohnsitz des Arbeitgebers
  • der Zeitpunkt des Arbeitsbeginns (bei befristeten Arbeitsverträgen die Dauer des Vertrags) 
  • die täglichen oder wöchentlichen Arbeits- und Ruhezeiten
  • Informationen zum Arbeitsplatz
  • Informationen zur Arbeitsleistung
  • die Amts- oder Funktionsbezeichnung sowie den Dienstgrad
  • Dauer von Freizeit und Ferien
  • Kündigungsfristen 
  • allenfalls geltender Gesamtarbeits- oder Normalarbeitsvertrag
  • Arbeitslohn (Geld- und/oder Naturallohn, Zulagen, Gratifikationen, Spesen)

Gesamtarbeitsverträge

In vielen Branchen gelten Kollektivverträge, die in Liechtenstein Gesamtarbeitsverträge (GAV) heissen. Sie enthalten die allgemeinen Bestimmungen für die jeweilige Branche, wie Arbeitszeiten, Ferien, Kündigungsfrist sowie Mindestlöhne usw. Die Mindestlöhne werden jährlich in einer Lohn- und Protokollvereinbarung neu festgesetzt.

Gesamtarbeitsverträge können von der Regierung für allgemeinverbindlich erklärt werden. Diese gelten dann für die gesamte Branche und für alle Arbeitgeber, sowohl inländische wie auch ausländische. Für die Überwachung und den Vollzug von allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträgen wurde von den Sozialpartnern die Stiftung SAVE gegründet. Für den Vollzug und die Kontrolle wurde von der Stiftung die Zentrale Paritätische Kommission (ZPK)eingesetzt. Die ZPK hat die Aufgabe und Kompetenz, die Einhaltung und Durchführung der GAV-Bestimmungen im zuständigen Geltungsbereich zu kontrollieren und durchzusetzen. 

Aktuell gibt es in folgenden Branchen Gesamtarbeitsverträge, die allgemeinverbindlich sind:

- Autogewerbe
- Baumeister- und Pflästerergewerbe
- Detailhandelsgewerbe
- Elektro-Elektronik- und Radio-TV-Gewerbe
- Gärtner und Floristen
- Gebäudereinigung und Hauswartdienste
- Gipser und Maler (inkl. Gerüstbau)
- Haustechnik und Spengler/Gebäudehülle
- Informatikgewerbe
- Innendekoration
- Metallgewerbe
- Ofenbauer und Plattenleger
- Personaldienstleister (Personalverleih)
- Schreiner
- Zimmermeister und Dachdecker

Die Gesamtarbeitsverträge werden von den Sozialpartnern ausgehandelt. Auf Arbeitnehmerseite ist dies der Liechtensteinische ArbeitnehmerInnenverband (LANV) und auf Arbeitgeberseite die Wirtschaftskammer (WKL), die Industrie- und Handelskammer (LIHK) sowie die PostAuto Liechtenstein Anstalt. Ist ein GAV nicht allgemeinverbindlich erklärt worden, gilt er nur für Unternehmen, die den GAV unterzeichnet haben. 

Aktuell gibt es in folgenden Branchen Gesamtarbeitsverträge, die nicht allgemeinverbindlich sind:

- Bäcker und Konditoren
- Coiffeurgewerbe
- Gastronomie
- Gewerbliche Industrie
- Grafisches Gewerbe
- Bodenleger
- Textil-Reinigungsgewerbe
- Metall- und Nichtmetall-Industrie

Normalarbeitsverträge

Die Regierung kann Normalarbeitsverträge (NAV) erlassen. Das heisst, dass die Regierung das Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber einer bestimmten Branche regelt. Die Bestimmungen des NAV gelten direkt für die ihm unterstellten Arbeitsverhältnisse, soweit im Einzelarbeitsvertrag nicht etwas anderes verabredet ist. Aktuell bestehen NAV für Angestellte im Hausdienst und in der Landwirtschaft.

Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Ein unbefristetes Arbeitsverhältnis kann sowohl vom Arbeitgeber als auch vom Arbeitnehmer grundsätzlich jederzeit ohne Angaben von Gründen gekündigt werden. Allerdings müssen die Kündigungsfristen eingehalten werden. Während der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis jederzeit mit einer Kündigungsfrist von sieben Tagen auf das Ende einer Arbeitswoche gekündigt werden. Während der Probezeit gibt es bei Krankheit, Unfall oder Schwangerschaft keinen Kündigungsschutz. Als Probezeit gilt dabei der erste Monat eines Arbeitsverhältnisses, wobei mittels Arbeitsvertrag eine Verlängerung der Probezeit auf höchstens drei Monate möglich ist. Wird der Arbeitnehmer während der Probezeit krank oder erleidet einen Unfall, kann die Probezeit um weitere drei Monate verlängert werden.

Nach Ablauf der Probezeit gelten – wenn nicht anders im Arbeitsvertrag festgehalten – folgende Kündigungsfristen: 

  • Im 1. Dienstjahr: 1 Monat auf das Ende eines Monats
  • Im 2. bis und mit 9. Dienstjahr: 2 Monate auf das Ende eines Monats
  • Ab dem 10. Dienstjahr: 3 Monate auf das Ende eines Monats

Die Einhaltung dieser Kündigungsfristen ist nicht notwendig, wenn es für Arbeitnehmer oder Arbeitgeber einen wichtigen Grund für eine fristlose Auflösung des Arbeitsverhältnisses gibt. Als wichtiger Grund gilt, wenn dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann. Wenn sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber zustimmen, kann das Arbeitsverhältnis auch mit einem sogenannten Aufhebungsvertrag sofort aufgelöst werden.

Gesetzliche Grundlagen