Attraktive Rahmenbedingungen, überdurchschnittliches Beschäftigungswachstum und ein globaler Finanzplatz: Der Zwergstaat Liechtenstein behauptet sich schon seit langer Zeit in der globalen Wirtschaftselite. Internationale Konzerne wie Hilti, Thyssenkrupp, Ivoclar oder Oerlikon Balzers wirtschaften vom Standort Ländle aus – genauso wie etliche KMU und Start-ups aus verschiedensten Branchen.

Ein wichtiger Faktor ist die hervorragende (Ausgangs-) Lage: Seit 100 Jahren sind Liechtenstein und die Schweiz in einer Zoll- und Währungsunion verbunden. Mehr noch: Seit 1995 ist Liechtenstein Mitglied im EWR. So haben die in Liechtenstein ansässigen Firmen freien Zugang zu einem Markt mit rund 520 Millionen Konsumenten. Banken und Finanzdienstleister mit Sitz in Liechtenstein können dank des EU-Passportings in anderen Mitgliedsländern frei handeln.

Aktuell profitieren 5200 Firmen von diesen Verhältnissen – 90 Prozent sind Klein- und Kleinstunternehmen mit weniger als zehn Angestellten. Mit 59 191 Franken (2021) ist das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen in Liechtenstein weltweit eines der höchsten. Statistische Besonderheit: Liechtenstein hat mehr Beschäftigte (42 524 Ende 2022) als Einwohner (39 000), das Land ist ein Jobwunder. Etwas mehr als die Hälfte sind Pendler. Viele kommen aus Österreich, der weitaus grösste Teil jedoch aus der Schweiz. Wichtig ist hierbei der Finanzplatz, der zu den weltweit bekanntesten gehört. Die Qualität der Finanzdienstleistungen, die hohe internationale Vernetzung sowie die Transparenz und Compliance mit Schweizer wie europäischen Standards machen ihn zu einem Aushängeschild des Ländles.

In Zahlen: Allein die zwölf liechtensteinischen Banken verwalteten 2021 über 424 Milliarden Franken an Kundenvermögen. Unabhängige Asset-Manager kamen auf weitere 60 und die Fonds-Verwaltung schlug mit knapp 70 Milliarden Franken zu Buche.

Die hervorragend ausgebaute Bildungslandschaft ist ein weiteres Pro-Argument. Der Kleinstaat verfügt mit der Universität Liechtenstein, der Privaten Universität im Fürstentum Liechtenstein und der Internationalen Akademie für Philosophie im Fürstentum Liechtenstein über drei Universitäten. Jugendliche mit einer liechtensteinischen Maturität haben freien Zugang zu schweizerischen und österreichischen Hochschulen. Nebst den Topausbildungsmöglichkeiten bietet Liechtenstein mit seiner zentralen geografischen Lage zwischen der Schweiz und Österreich, der intakten Bergwelt für Outdoor-Aktivitäten im Sommer und Winter sowie kulinarischen Highlights Lebensqualität auf kleinstem Raum.

Diese Trümpfe sind ideale Nährböden für einzigund neuartige Entwicklungen. Das hat in Liechtenstein Tradition. Jüngstes Beispiel: Als erster Staat weltweit regelt das Land mit dem Blockchain-Gesetz TVTG die rechtlichen Rahmenbedingungen rund um Token & Co. Einer der Mitbegründer des Gesetzes und Botschafter des Blockchain-Standortes Liechtenstein ist der Rechtsanwalt Thomas Nägele. «Im Rahmen unserer Vision der ‹Token-Ökonomie› waren wir überzeugt davon, dass Technologien die ohne Intermediäre auskommen wie beispielsweise Blockchains jene Technologien sein werden, die es für die Digitalisierung unserer Wirtschaft braucht», sagt er.

 

 

«Mit dem
TVTG bietet
Liechtenstein eine
der attraktivsten
Regulierungen an.»

Thomas Nägele,
Rechtsanwalt und Blockchain-Experte

Finanzmarktaufsicht setzte sich früh mit Thematik auseinander

Ein Blick zurück: 2016 siedelten sich erste über Blockchain finanzierte Firmen (Initial Coin Offerings) in Liechtenstein an. Man habe Erfahrungen gesammelt, so Nägele, die liechtensteinische Finanzmarktaufsicht habe sich mit der Thematik auseinandergesetzt. «Dann wurde eine Arbeitsgruppe gebildet», erinnert er sich. «Es ging um die Fragen: Was ist das für eine Technologie? Was bedeutet sie für unseren Standort? Was muss man wo regulieren?»

Schnell wurde klar, dass sich auch Fragen zur Rechtssicherheit stellen werden. «Es genügt nicht, einen Token zu transferieren», so Nägele. Wenn man an den Token Rechte knüpft, dann sollen auch diese Rechte transferiert werden. «Die Blockchain ist der technische Übertragungsteil – es braucht dazu auch den rechtlichen Rahmen.» Schon 2020 trat das erste Blockchain-Gesetz der Welt (TVTG) in Liechtenstein in Kraft. Es bildet die Grundlage für die Nutzung von Blockchain in der gesamten Finanz- und Realwirtschaft, der sogenannten Token-Ökonomie. Zum Beispiel ermöglicht es die Tokenisierung von realen Vermögenswerten und Rechten (konkrete Beispiele auf der rechten Seite).

Dieses Jahr hat die EU nachgezogen. Sie hat mit dem Digital Finance Package ein umfassendes Regulierungspaket geschnürt: Markets in Crypto-Assets MiCAR und ein Pilotregime für Finanzinstrumente auf Token- Basis sorgen für einen harmonisierten Rechtsrahmen für Märkte, Handelsplattformen und Vermögensanlagen in Kryptowerten. Erstmals bietet einer der grössten Märkte der Welt einen einheitlichen Rechtsrahmen, der gleichermassen Anleger in Kryptowerten schützt und Unternehmen ein Passporting aus jedem Mitgliedsstaat des europäischen Wirtschaftsraums ermöglicht. Doch: Trotz dieser EU-Bestimmungen hängt die Nutzung der Blockchain-Technologie in jedem Land von den jeweiligen übrigen gesetzlichen Rahmenbedingungen ab. «Mit dem TVTG bietet Liechtenstein eine der attraktivsten Regulierungen an», sagt Nägele. Im Gegensatz zu den EU-Bestimmungen regle das liechtensteinische Blockchain-Gesetz auch die zivilrechtlichen Aspekte von Token.

Blockchain ist nicht nur Bitcoin

Blockchain ist zwar in aller Leute Munde. Doch meist wird es mit Bitcoin, anderen Kryptowährungen und der Finanzwelt gleichgesetzt. Es ist jedoch viel mehr. Patientendossiers, medizinische Befunde und Krankheitsverläufe könnten auf einer Blockchain gespeichert werden – Zugriff hätte nur, wer vom Eigentümer der Daten freigeschaltet wurde. Oder in der Supply Chain liesse sich durch fortlaufendes Tracking der Warenverkehr ständig verfolgen. Und bei der Einhaltung von Environmental-, Social- und Governance- Aspekten könnte eine Blockchain die Nachhaltigkeitskriterien manipulationsfrei festhalten und damit ein Greenwashing erschweren. Die Blockchain-Technologie bietet die Möglichkeit zur nachhaltigen und sicheren Veränderung zahlreicher Geschäftsprozesse. Innert kürzester Zeit lassen sich Transaktionen sicher speichern, auswerten und überprüfen. Es braucht nur ein Smartphone und Internetzugang. Dieses grosse Potenzial hat Liechtenstein früh erkannt – und schneller als alle anderen gehandelt.

Kultursponsoring mit tokenisiertem Steinway

Einen Schritt weiter als die Philatelie Liechtenstein geht die VP Bank. Die moderne Blockchain-Gesetzgebung von Liechtenstein ermöglicht es der Bank, die Besitzverhältnisse von Wertobjekten aller Art auf Token zu übertragen und daraus Vermögensrechte zu generieren. Der Käufer wird nicht nur wie beim Kunstwerk von Romero Britto «Virtual Owner», sondern tatsächlich Mitbesitzer.

Die VP Bank tokenisiert nach Uhren, Diamanten und Kunstwerken als erste in Liechtenstein und der Schweiz auch Musikinstrumente der Musikakademie in Liechtenstein. Zum Beispiel einen Steinway-Flügel D-274. Der Käufer fördert durch den Erwerb eines Tokens die Nachwuchstalente und geniesst Vorteile durch die zusätzliche Mitgliedschaft an der Musikakademie. Für Marcel Fleisch, Chief Product Officer der VP Bank, gibt es drei Gewinner: «Die jungen Talente, die auf einem hochwertigen Instrument spielen können. Dann die Musikakademie, die so die Instrumente finanziert.» Und natürlich den Investor: Er erhält Gratissintritte zu den Konzerten, kann mit den jungen Talenten persönlich in Kontakt treten, den Flügel mieten, wenn er frei ist, und er erhält ein digitales Unterschriften-Buch.

Die Bank betrachtet diese Art der Finanzierung nicht als Konkurrenz zum klassischen Sponsorship. «Wir sehen es als Ergänzung und sind stolz darauf, junge Musiktalente mit dieser digitalen Möglichkeit unterstützen zu können. So verbinden wir die traditionelle Welt mit neuen Elementen», erklärt Fleisch. Die Tokenisierung von realen Vermögenswerten wie Kunst wird aber auch in den Portfolios vermögender Privatkunden immer wichtiger. Durch die Tokenisierung eröffnen sich Kunden völlig neue Chancen. Dank des Blockchain-Gesetzes können Tokens rechtskonform in beliebiger Stückzahl erstellt und somit Eigentumsansprüche einfach digital abgebildet und transferiert werden.

Das vereinfacht beispielsweise die Nachlassplanung oder auch den gemeinsamen Erwerb von Kunstwerken. Der Kunde kann sein Bild an seine Nachkommen übertragen, ohne das Kunstwerk sozusagen in Stücke zu zerlegen.

Ein Verkauf eines Bildes oder eines Anteils davon wird mit der Übertragung eines Tokens abgewickelt. Das Token wird direkt ins Portfolio eingebucht und erscheint analog zu anderen Beteiligungen, wie beispielsweise Aktien, fair bewertet direkt auf dem Vermögensauszug und im E-Banking. Somit wird das Gesamtvermögen wesentlich übersichtlicher dargestellt als es herkömmlich mit Kunstwerken der Fall ist.

Vom Stahlstich zum Non-Fungible-Token

Die erste NFT-Briefmarke aus Liechtenstein: Die traditionelle Philatelie aus dem Fürstentum geht den Weg von der physischen zur digitalen Welt – und wieder zurück. Im hochwertigen jahrhundertealten Stahlstichverfahren wird zuerst ein traditioneller Jubiläums-Briefmarkenblock zur Erinnerung an den Zollvertrag des Fürstentums Liechtenstein mit Nachbarin Schweiz vor 100 Jahren mit einem Sujet der beiden Kunstschaffenden Barbara Bühler und Kurt Spirig hergestellt. Dann wird diese Briefmarke in Kooperation mit den Spezialisten von DynamicElement «tokenisiert ». Das heisst: Mit einem fälschungssicheren Code versehen. Wenn der Besitzer der Briefmarke seinen individuellen Code scannt, erhält er einen Ausschnitt eines Bildes des brasilianischen Neo-Pop-Art-Künstlers Romero Britto, dessen Originalwerk im Landes- Museum in Vaduz ausgestellt ist. Konkret heisst das: Der Besitzer der NFT-Kunst-Edition ist virtuell immer mit dem Original-Britto verbunden. «Er wird Virtual Owner von einem echten Romero-Britto-Kunstwerk», sagt Christine Böhmwalder von der Philatelie Liechtenstein, einer Tochter der Liechtensteinischen Post AG. «Wie beim Zollvertrag vor 100 Jahren möchten auch wir Brücken schlagen – zwischen Tradition und Innovation», so Böhmwalder. Neu treffen auch zwei Arten von Sammlern aufeinander: die traditionellen mit physischen Briefmarken und die digitalen mit Token. Dafür eignet sich der angesagte Künstler Romero Britto bestens: Er ist gefragt und bekannt für seine fröhlichbunten Bilder und Skulpturen. Mit seiner Ausdrucksweise reflektiert er seine optimistisch-positive Einstellung gegenüber dem Leben. Für seine farbenfrohen Werke mixt er Elemente aus dem Kubismus, der Pop- Art und dem Graffiti. Die Auflage der NFT-Kunst- Editionen wurde weltweit auf 1500 Exemplare limitiert. Der Preis ist 999 Franken. www.philatelie.li